Zum Inhalt springen

Ludwig Baumann

Anlässlich des 99. Geburtstages von Ludwig Baumann (geboren am 13.12.1921) luden am 12. Dezember 2020 mehrere Friedensinitiativen, studentische Arbeitsgruppen der Universität Hamburg sowie das Bündnis Deserteursdenkmal zu einem Rundgang durch die Sedanstraße im Univiertel und zum Geburtshaus von Ludwig Baumann in der Bundesstraße 12 ein. Die Initiatoren streben sowohl eine Umbenennung der Sedanstraße an und wollen in einem nächsten Schritt die Benennung der Straße nach Ludwig Baumann zur Diskussion stellen.

Ulrich Hentschel berichtet über die Bedeutung der Schlacht von Sedan für die Gründung des Deutschen Reichs, über die Rolle Bismarcks und die Praxis des Sedantages, der bis 1919 begangen wurde.

Am Geburtshaus Ludwig Baumanns in der Bundesstraße 12, einem einstigen Wöchnerinnenheim, berichtete René Senenko vom Leben Ludwigs. Die Vorführung eines Fernsehdokumentation über Ludwig Baumann beschloss die Ehrung anlässlich seines bevorstehenden 99. Geburtstages.

Fotos von Gert Krützfeldt
und René Senenko 


Über Ludwig Baumann

Der in Hamburg in der Bundesstraße geborene Ludwig Baumann 1921-2018 war Wehrmachtsdeserteur im Zweiten Weltkrieg und er war Friedensaktivist. Beides prägte in einschneidender Weise sein Leben. Zum einen, dass er, nachdem er als 19-jähriger zur Kriegsmarine eingezogen und in Bordeaux stationiert war, die Entscheidung traf, zu desertieren.
Damit zog er die Konsequenz aus seiner Erkenntnis, „dass es ein verbrecherischer, völkermörderischer Krieg war.“ Diese Entscheidung und dieser Schritt prägten sein Leben. Zunächst in der Weise, dass er, nachdem er in Frankreich festgenommen und am 30. Juni 1942 wegen „Fahnenflucht im Felde“ zum Tode verurteilt worden war, in den kommenden mehr als 10 Jahren grausamen Maßnahmen der nationalsozialistischen Strafjustiz, der Gefangenschaft der Siegermacht Sowjetunion und der gesellschaftlichen Ächtung der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik ausgesetzt war. Die Stationen waren monatelange Haft in der Todeszelle eines Wehrmachtsgefängnisses, das Konzentrationslager Esterwege, das Wehrmachtsgefängnis von Torgau – einer der zentralen Hinrichtungsstätte des NS-Regimes für Wehrmachtsdeserteure, Kriegseinsatz in der Bewährungstruppe 500 an der Ostfront in besonders gefährlichen Einsätzen, Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion.

Geächtet und ausgegrenzt im NS und in der Gefangenschaft erfuhr er in der bundesrepublikanischen Gesellschaft als „Wehrmachtsdeserteur“ nach dem weiterhin geltenden Fahnenfluchtparagraphen erneut Ächtung und Ausschluss. Diesem Druck begegnete er zunächst mit dem Rückzug in den Alkohol.

Es gelang ihm, den Tiefpunkt in seinem Leben und die drohende Katastrophe des persönlichen Zusammenbruchs und seines familiären Umfelds zu überwinden, indem er seinerseits beschloss, das gesellschaftliche Stigma des Deserteurs abzulegen, das dahinterliegende politische und gesellschaftliche Konstrukt von Krieg, Männlichkeit, Tapferkeit, Opfermut, Heldentum, Militarismus und Machtmissbrauch zu entlarven und durch einen pazifistischen Gegenentwurf zu ersetzen. Er wurde zum Friedensaktivisten und zu einer führenden Persönlichkeit im Einsatz für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, um das gesellschaftliche Bewusstsein hinsichtlich des Umgangs mit den Wehrmachtsdeserteuren zu sensibilisieren, die Urteile gegen die Wehrmachtsdeserteure durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege für ungültig erklären zu lassen und die Deserteure in ihrem Mut, sich gegen den Kriegsdienst auszusprechen, anzuerkennen.Im November 2015 wurde nach langem Streit das Deserteursdenkmal am Stephansplatz in Hamburg eingeweiht, an dessen Verwirklichung Baumann maßgeblich beteiligt war. In seiner Rede zur Einweihung des Denkmals erinnerte Baumann an seinen zum Tode verurteilten Freund Kurt Oldenburg und dessen letzte Worte: „Nie wieder Krieg!“

Ehrungen
  • 1994 erhielt Ludwig Baumann den Sievershäuser Friedenspreis.
  • 1995 bekam er den Aachener Friedenspreis.
  • 2007 erhielt er den Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon in Bremen.
  • 2010 trug sich Baumann in das Goldene Buch der Stadt Erfurt ein.
  • Am 13. Dezember 2011 würdigte anlässlich des 90. Geburtstages von Baumann der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen dessen Einsatz im Rahmen eines Senatsempfangs. Böhrnsen überreichte Baumann den „Bremer Schlüssel“ als Zeichen der Anerkennung seines unermüdlichen Einsatzes für die Opfer der NS-Militärjustiz.
  • 2014 erhielt Baumann den Franco-Paselli-Preis der Internationalen Friedensschule Bremen.
  • Die eigens dafür gegründete Potsdamer Initiative schlug ihn zur Nominierung für den Friedensnobelpreis im Jahre 1996 vor.
  • Die Annahme des Bundesverdienstkreuzes hat Baumann unter anderem deshalb abgelehnt, „weil ich keinen Orden haben will, den auch ehemalige Nazis tragen“.

 

Ludwig Baumann beim Gelöbnix 2008 in Berlin

„Es ist doch ein Wahnsinn: Wenn ich einen Menschen umbringe, bin ich ein Mörder, und wenn mir das befohlen wird, bin ich ein Held und bekomme einen Orden. Sich dem zu verweigern, sich niemals mehr von denen da oben dazu missbrauchen zu lassen, Menschen anderer Völker und sich selber umzubringen – das ist auch heute für den Frieden.“
Ludwig Baumann: Rede anlässlich der Gedenkveranstaltung am 15. Mai 2001 in Buchenwald (internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerer)

Hier findet sich das Flugblatt zu Ludwig Baumann als [pdf].

Weiter zu vertiefendes Material über bzw. zu Ludwig Baumann finden Sie auf folgenden Seiten: