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Fürsprache des Auschwitz-Komitees

  Hamburg, 12.02.2024

Dr. Lothar Zieske
für das Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

 

 Argumente für eine Benennung der Sedanstraße nach Ludwig Baumann

Das Auschwitz-Komitee schließt sich der Argumentation Prof. Dr. Garbes an und ergänzt sie aus der Perspektive der eigenen Zielsetzung, wie sie im § 3 seiner Satzung festgelegt ist:
„Der Zweck der Vereinigung besteht in der Aufklärung über das Vermächtnis der in Auschwitz Ermordeten durch Förderung der Erwachsenenbildung, der Völkerverständigung und der Jugendbildung. Sie klärt auf über die Verbrechen der Faschisten im KZ Auschwitz, über die Verbrechen des Faschismus überhaupt und die Ursachen des Faschismus. Sie trägt bei zur Bekämpfung der menschenfeindlichen Ideologie und Praxis des Faschismus und zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten der Menschen. Sie steht in der Tradition des antifaschistischen Widerstandes 1933 – 1945.“

I

Ludwig Baumann berichtet in seiner Autobiographie (Niemals gegen das Gewissen, 2014 [ im Folgenden nur mit Seitenzahl zitiert], S.6): „Dass Auschwitz die Hölle auf Erden ist, erfuhr ich im Sommer 1943, auf dem Transport ins Wehrmachtsgefängnis Torgau.“ Dann setzt er die Desertion bzw. den Kriegsverrat in einen Kausalzusammenhang „Hätten doch mehr den Krieg verraten, dann hätten Millionen nicht mehr zu sterben brauchen.“ (S. 7)

II

Seine Nähe zu allen Opfern der NS-Herrschaft wurde ihm erst spät bewusst. Er wurde in der Nachkriegszeit bis weit bis in die 1980er Jahre als angeblicher Straftäter diskriminiert und verfolgt, kommt aber nicht auf den Gedanken, zu den Opfern der NS-Herrschaft zu gehören. Er schreibt aber über seine damalige Haltung: „Ich litt mit den Juden und Kommunisten, die so viel durchgemacht hatten.“ (S. 13)

III

Zu seiner Zeit als Besatzungssoldat in Frankreich (Bordeaux) schreibt er, er habe im Hafen auch mit Franzosen zusammengearbeitet, „mit denen wir uns gut verstanden“. Als er dort Zeuge von Geiselerschießungen wird, habe er – so schreibt er – „den Krieg und den Faschismus gehasst.“ (S. 43)

IV

Er hat vor Schulklassen über die Verbrechen der NS-Herrschaft aufgeklärt und dabei seinen Blick weit über sein Einzelschicksal hinaus gerichtet. In seinem Wirken ist er vergleichbar der langjährigen Vorsitzenden des Auschwitz-Komitees, Esther Bejarano, die in gleichem Alter, drei Jahre nach ihm, verstorben ist.

So ist es nicht verwunderlich, dass Esther Bejarano ihre Rede in Unterlüß am 07.09.2019 (im Rahmen der Kampagne „Rheinmetall entwaffnen“) postum Ludwig Baumann widmete, indem sie als Motto seinen Satz wählte: „Es gibt nichts Besseres, als den Krieg zu verraten.“

Es kann auch nicht als Zufall betrachtet werden, dass beide (neben Romani Rose) am 12.12.2015 den „Jochen Bock-Preis“ verliehen bekamen. („Der Förderkreis Erinnerungsort Topf & Söhne vergibt diesen Preis […], um an den Mut von fünf Erfurter Handelsschülern um Jochen Bock zu erinnern, die 1943 Flugblätter gegen den Krieg verteilten, von der Gestapo verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden.“)

Zu einer Diskussionsveranstaltung anlässlich des 50. Jahrestages des „20.Juli 1944“ waren beide eingeladen. Dabei stand Ludwig Baumann der Gruppe der Hitler-Attentäter sehr kritisch gegenüber: „Ihnen [schwebte] keine Demokratie [vor], sondern die Bewahrung eines starken, autoritären Deutschland ohne Hitler.“ (S. 107) Von Esther Bejarano ist bekannt, dass sie der Meinung war, dass der „20. Juli“ nicht den eigentlichen Widerstand repräsentiere.

Zusammengefasst: Zwischen den Zielen des Auschwitz-Komitees und dem Wirken Ludwig Baumanns gibt es so bedeutende Überschneidungen, dass das Komitee die Umbenennung der Sedanstraße zu Ludwig Baumann-Straße lebhaft befürwortet.

Hier findet ihr da Statement zum Download als [pdf].