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Ausstellungseröffnung über Ludwig Baumann

Ausstellung auf dem Joseph-Carlebach-Platz vom 19.4.-22.5.2023:

Kriegsverrat ist Friedenstat!
Einladung zur Ausstellung über den Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann

Ausstellungseröffnung: 19. April 2023
Uhrzeit: 15.30 – 17.30 Uhr
Ort: Joseph-Carlebach-Platz

Die Eimsbütteler Sedanstraße erhielt ihren jetzigen Namen zum Jahreswechsel 1899/1900 in Erinnerung an die siegreiche Schlacht der preußisch-deutschen Truppen bei Sedan gegen das Heer des französischen Kaisers Napoléon III. am 1. und 2. September 1870. Mit diesem Sieg über den Gegner Frankreich verband sich der Gründungsmythos des deutschen Kaiserreichs – außenpolitisch als politische Großmacht in Europa, innenpolitisch als Schlusspunkt unter einem jahrelangen Einigungsprozess der deutschen Bundesstaaten unter Führung Preußens. Der „Sedantag“ am 2. September wurde reichsweit als Gedenktag mit Militärparaden und Kaiser-Ehrungen begangen.

Das deutsche Kaiserreich war ein autoritärer Obrigkeitsstaat unter der Leitung des Deutschen Kaisers. Trotz des auf gesamtstaatlicher Ebene vergleichsweise liberalen Wahlrechts für deutsche männliche Staatsangehörige blieb das deutsche Kaiserreich unter der Führung Preußens ein autoritärer, von den Eliten des Adels, Militärs, der Industrie und des Bürgertums regierter Staat mit einer Vormachtstellung Preußens. Seine antidemokratische Stoßrichtung wandte sich gegen das Erbe der Revolution von 1848/49 und die Forderung von Bürgertum und Arbeiterschaft, mit dem Prozess der nationalen Einigung zugleich soziale Rechte zu gewährleisten und die Demokratie in Deutschland zu etablieren. „Sedan“ hingegen wurde als preußisch-militaristischer Gründungsmythos Bezugspunkt für konservative und deutschnationale Politik über das Kaiserreich (1871-1918) bis in die Weimarer Republik (1919-1933). Der Sedankult als Ausdruck des preußisch-deutschen Militarismus war eines der Elemente zur Vorbereitung der faschistischen Diktatur des Dritten Reiches, bereitete damit den verbrecherischen Vernichtungskrieg der Wehrmacht vor und wirkt bis in die Gegenwart nach.

Zur deutschen Geschichte gehören jedoch ebenso die Menschen, die in vielen Formen, Organisationen und Institutionen ihr Leben einer dem Humanismus, dem Pazifismus und einer gerechten und demokratischen Völkergemeinschaft verpflichteten zivilen Entwicklung gewidmet haben – teils unter Einsatz ihres Lebens. Sie werden immer noch zu selten im öffentlichen Raum gewürdigt. Wir schlagen den nahe der Sedanstraße in Hamburg-Eimsbüttel geborenen Wehrmachtsdeserteur und Friedensaktivisten Ludwig Baumann als neuen Namensgeber für die Sedanstraße vor. Er setzte sich ab den 1990er-Jahren gemeinsam mit den anderen überlebenden der von der NS-Militärjustiz verurteilten Deserteuren und „Kriegsverrätern“ für die offizielle Rehabilitierung ein – schließlich erfolgreich. Er ist maßgeblich verantwortlich für die Errichtung des Deserteurdenkmals am Dammtorbahnhof – und dafür, dass der Deutsche Bundestag 2002 bzw. 2009 die „Vorstrafen“ aus den Akten der noch überlebenden Wehrmachtsdeserteure strich.

„Es ist doch ein Wahnsinn: Wenn ich einen Menschen umbringe, bin ich ein Mörder, und wenn mir das befohlen wird, bin ich ein Held und bekomme einen Orden. Sich dem zu verweigern, sich niemals mehr von denen da oben dazu missbrauchen zu lassen, Menschen anderer Völker und sich selber umzubringen – das ist auch heute eine Hoffnung für das Leben und für den Frieden.“
(Ludwig Baumann: Rede zum internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerer, 15. Mai 2001, Gedenkstätte Buchenwald)

Anlässlich seines 100. Geburtstages am 13.12.2021 wurde durch die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. die Ausstellung „Kriegsverrat ist Friedenstat!“ über Ludwig Baumann erstellt. Wir laden alle Interessierten ein, Ludwig Baumann und seine eindrucksvolle Friedensarbeit kennenzulernen.

Mit Beiträgen von:
Günter Knebel (Bundesvereinigung Opfer der Militärjustiz)
Lothar Eberhardt (Ausstellung „Kriegsverrat ist Friedenstat“)
David Rubinstein (Jüdische Gemeinde Hamburg)
Wolfgang Kopitzsch (ehemaliger Hamburger Polizeipräsident) 
Prof. Dr. Jürgen Oßenbrügge (Wirtschaftsgeograph, Universität Hamburg)
Roland Wiegmann (Fraktion Die Linke, Bezirksversammlung Eimsbüttel)
Falk Schmidt-Tobler (Fraktion die Grünen, Bezirksversammlung Eimsbüttel)
Verlesen eines Briefes von Didier Herbillon (Bürgermeister von Sedan)

 

Den Flyer [pdf], sowie ein Plakat [pdf] zur Ausstellungseröffnung finden Sie hier auch als pdf.

 


Dokumentiert: Ausstellungseröffnung „Kriegsverrat ist Friedenstat“ über den Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann – vom 19. April 2023

Videoaufzeichnung der Ausstellungseröffnung [Youtube].